Lange Zeit galt zu niedrige Raumluftfeuchte als Ursache für zahlreiche Gesundheitsbeschwerden u. a. der Atemwege und der Haut. Mittlerweile weiß man jedoch, dass es dafür meist andere oder zumindest weitere Ursachen gibt. 

Wenn von Luftfeuchte die Rede ist, wird unterschieden zwischen der relativen Luftfeuchtigkeit und der absoluten Luftfeuchtigkeit. Relative Luftfeuchtigkeit steht in Relation zur Luft- oder Oberflächentemperatur und wird in Prozent gemessen. In Fachkreisen verwendet man als Maß jedoch meist die absolute Luftfeuchtigkeit, also den tatsächlichen Wassergehalt der Luft in Gramm je m3. Erst damit lassen sich konkrete Berechnungen durchführen, z. B. bezüglich Tauwasserausfall oder einer Wassermenge, die einer Raumluft entnommen oder verdunstet werden muss, um eine gewünschte Luftfeuchtigkeit zu erhalten. 

Der Mensch atmet etwa 12 bis 15 mal pro Minute (Atemminutenvolumen), also täglich ca. 20.000 mal und bewegt dabei rund 11 m3 Luft. Bei einer Raumtemperatur von 20 °C und einer rel. Luftfeuchte von 50 % gibt der Mensch über die Atmung ca. 11,1 g/h Wasserdampf ab, bei einer rel. Luftfeuchte von 20 % aber ca. 13,2 g/h, also um ca. 19 % mehr. 

Die ausgeatmete Luft ist mit Wasserdampf gesättigt und auf Körpertemperatur erwärmt; das bedeutet, dass sie bei 37 °C Körpertemperatur 43,92 g Wasser je m3 Luft enthält. Die Befeuchtung erfolgt durch die große innere Oberfläche der Lunge, die 100 - 120 m2 misst. Je kühler und trockener die eingeatmete Luft ist, umso mehr Wasserdampf nimmt sie beim Vorgang des Atmens auf. Bei 0 °C enthält die eingeatmete Luft maximal 4,84 g Wasser/ m3, so dass der Organismus 39,08 g/m3 ausatmen kann. 

Mit dem Wasserdampf werden zugleich toxische Stoffwechselprodukte ausgeatmet.

Wasserdampfabgabe

Abb. 07: Wasserdampfabgabe des Menschen | Quelle: baubiologie-magazin.de/trockene-raumluft

Lufttemperatur relative
Luftfeuchtigkeit
in %
Wassergehalt
der Luft
in g/m3
Abgegebene
Körperfeuchte
je m3 Atemluft
  0 °C - Schneefall 100 4,84 39,08
  0 °C - schöner Wintertag 50 2,42 41,50
  4 °C - schöner Herbsttag 100 6,40 37,52
18 °C - ausgeglichenes Raumklima 45 6,93 36,99
20 °C - ausgeglichenes Raumklima 50 8,65 35,27
20 °C - trockenes Raumklima 25 4,33 39,59
20 °C - feuchtes Raumklima 70 12,11 31,81
30 °C - schöner Sommertag 10 3,03 40,89
30 °C - schwüler Sommertag 40 12,12 31,80
30 °C - tropisches Klima 100 30,30 13,62

Übersicht 05: Einfluss der Lufttemperatur und -feuchte auf die abgegebene Körperfeuchte je m3 Atemluft

Hierzu stellt sich die Frage, was günstiger ist und wo das Optimum liegt. Wir wissen aus Erfahrung einerseits, dass wir uns in kühler, trockener Luft beim Wintersport besonders wohl fühlen und dass der Winterurlaub erholsamer ist als der Sommerurlaub. Dieses Klima regt zum tiefen Atmen an. Das gilt auch für die trockene Luft an warmen Sommertagen; bei 30 °C und 10 % relative Luftfeuchte fühlt man sich hier wohl, während 30 °C mit 40 % relative Luftfeuchte bereits als schwül gelten. Viel Feuchtigkeit und Wärme aus dem Energiestoffwechsel des Organismus kann bei trockener bzw. kalter Luft mit der Atmung abgegeben werden. 

Andererseits fällt uns bei feuchtem Wetter oder in Räumen mit hoher Luftfeuchte das Atmen schwer, die schwüle Luft ermüdet, führt zu Wärmestauung und Erschöpfung. Der Gehalt an Krankheitskeimen steigt. Auch die Geruchsbelästigung ist größer als bei trockener Luft. Ebenso sind Bauschäden, erhöhter Energiebedarf sowie Pilzbefall verbunden mit Erkrankungen zu berücksichtigen. Dies wirkt sich zunehmend besonders ab 60 % relative Luftfeuchte bei 20 °C aus; dagegen nicht bei z. B. 60 % relative Luftfeuchte in kalter Luft. Der Vergleich lässt bereits erkennen, dass die absolute Luftfeuchtigkeit physiologisch entscheidend ist. 

Aus medizinischer Sicht werden bei üblichen Raumlufttemperaturen häufig Werte um 45 - 50 % relative Luftfeuchte als optimale Luftfeuchte beschrieben; 30 % relative Luftfeuchte sollen nicht unterschritten, 60 % relative Luftfeuchte nicht überschritten werden. In unseren Wohnungen, Arbeits- und Schulräumen liegen aber die relativen Feuchtewerte während des Winters meist zwischen 20 - 35 % relative Luftfeuchte, auch 15 % sind nicht selten – besonders an kalten, trockenen Tagen und bei Lüftung (auch durch Lüftungsanlagen) verbunden mit starker Raumerwärmung.

Die betroffenen Menschen klagen in solchen Räumen häufig über „schlechte Luft“, Beschwerden wie Erkältungskrankheiten, trockener Hals, trockene Augen und Haut sowie Ermüdung, Kopfschmerzen und Leistungsabfall (Quelle: Literaturstudie vom Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz BGIA, 2007). 

Hierzu gilt es jedoch auf Grund durchgeführter Studien folgendermaßen zu differenzieren: 

Trockener Hals 
Viele sind der Meinung, dass durch zu trockene Luft die Schleimhäute der Atemwege austrocknen, was deren Widerstandskraft gegenüber Bakterien und Viren herabsetzt und in der Folge die Anfälligkeit für Erkältungskrankheiten steigen lässt. Richtig dagegen ist, dass der Feuchtegehalt der eingeatmeten Luft auf ihrem Weg zu den Lungen reguliert wird. Gesunde Atemwege sind in der Lage, die Trockenheit der Luft selbst bei längerfristiger Einwirkung durch eine körpereigene Befeuchtung zu kompensieren. Voraussetzung für diese Aussage ist aber eine staubarme Luft. Zudem gelten diese Aussagen nicht für Menschen mit Atemwegserkrankungen wie z. B. Asthma. 

Erkältungen und virenbedingte Erkrankungen der Atemwege
Über den Einfluss der Luftfeuchtigkeit auf Infektionen und virenbedingter Erkrankungen wie Grippe oder Covid-19 gibt es unterschiedliche Ansichten. Sehr niedrige relative Luftfeuchten unter etwa 30 % sind wahrscheinlich ungünstig, da zum einen die Viren-Partikel wohl länger in der Luft zirkulieren können, vor allem aber weil die menschlichen Schleimhäute bei Austrocknung generell anfälliger für Viren sind. Zudem begünstigt eine geringe relative Luftfeuchte die Entwicklung von Staub und hält Staubpartikel und die darin befindlichen Mikroorganismen länger schwebfähig. 

Trockene Augen 
Durch eine Erhöhung der relativen Luftfeuchte kann die Häufigkeit von Beschwerden über trockene Augen gesenkt werden. Als Ursache werden eine reduzierte Verdunstung der Tränenflüssigkeit sowie eine geringere Staubbelastung vermutet. 

Hautbeschwerden 
Eine niedrige Luftfeuchte führt bei vielen Menschen zu trockenerer Haut. Die Ursachen sind noch unklar. Vermutlich spielt dabei auch eine Rolle, dass sich bei einer geringeren relativen Luftfeuchte infolge der elektrostatischen Aufladung (siehe weiter unten im Text) hygroskopischer Feinstaub, also Feinstaub, welcher der Haut Feuchtigkeit entzieht, auf der Haut ablagert und somit Hautprobleme auslösen kann.

Baubio-logisch 👍

Die eigentlichen Ursachen der beschriebenen Beschwerden sind i.d.R. nicht zu trockene Luft, sondern v. a (Quelle: Gassel R. P., „Innenraumbehaglichkeit“, Fachzeitschrift "Wohnmedizin" Nr. 41, 2003): 

  • schlechte Lüftung 
  • Luftverunreinigungen wie Staub, Feinstaub und Schadstoffe 
  • zu hohe Raumlufttemperaturen 
  • Luftzug 
  • elektrostatische Aufladung 
  • Sonnenlichtmangel 
  • Vitaminmangel und bereits vorhandene Erkrankungen 

Eine geringe Luftfeuchte begünstigt die Entwicklung von Staub und hält Staubpartikel und darin befindliche Mikroorganismen länger schwebfähig. 

Eine geringe Luftfeuchte begünstigt zudem die elektrostatische Aufladung z. B. von Synthetikteppichen oder lackierten Oberflächen und die damit verbundenen Phänomene wie Entladungsfunken an Türgriffen, fliegende Haare, Knistern beim Ausziehen eines Kleidungsstückes, Staubpartikelan sammlungen auf elektrostatisch aufgeladenen Oberflächen sowie Clusterbildung (engl. cluster = Anhäufung, Ansammlung) von Staub. Hinzu kommt eine einseitig ionisierte Raumluft. Die Härchen des Flimmerepithels der Atemwegsschleimhäute werden infolge der positiv geladenen staubigen Luft in ihren Bewegungen blockiert, sodass es zur Krustenbildung, behinderter Selbstreinigung gegenüber Staub und Bakterien und schließlich zur Erkrankung kommen kann. 

Die negativen gesundheitlichen Wirkungen geringer relativer Luftfeuchte im Raum sind also überwiegend indirekt bedingt. Diese Feststellung ist in der Praxis keineswegs belanglos, denn ein erwünschter Wasserdampfgehalt der Luft müsste mit kostspieliger Klimatisierung oder mit häufig unzureichend wirksamen und gesundheitlich bedenklichen (Keimbildung) Befeuchtungsaggregaten eingestellt werden. Dagegen reicht es häufig aus, durch geeignete Maßnahmen (Staubsauger mit HEPA-Filter, feucht wischen u. a.) die Ansammlung von Staub zu reduzieren.