Autor: Karlheinz Müller, Fa. "Baufritz", 87746 Erkheim, www.baufritz.de und www.baubiologen-verzeichnis.de 

Die Firma "Baufritz" besteht seit 1896, hat derzeit etwa 400 Mitarbeiter und errichtet Gebäude aller Art in elementierter Holzbauweise (s. Kurs 04 "Bauweisen"). Herr Müller, der diesen Beitrag zusammenstellte, steht der Fa. Baufritz sowie deren Kunden seit mehr als 20 Jahren als Berater für baubiologische und ökologische Fragestellungen zur Verfügung.

Bei der Firma Baufritz kann man das gestiegene Interesse an ökologischen und baubiologischen Häusern sehr gut ablesen. 1989 wurden mit 45 Mitarbeitern Häuser für ca. 2 Millionen Euro errichtet. Heute werden mit 400 Mitarbeitern Wohnhäuser, Kindergärten, Gewerbegebäude und Schulen erstellt. 

Die im Moment über 200 Kunden im Jahr werfen die unterschiedlichsten Fragen auf: es geht von der baubiologischen Beratung bei der Bauplatzauswahl, der Baustoffauswahl für Keller, Rohbau, Wand- und Bodenbelägen, Verkleidungen, Wohntextilien usw. bis zur Haustechnik.

Welche Regenwasser-Nutzungsanlage soll ausgeführt werden? Wie groß soll sie dimensioniert werden? Kommt eventuell eine Grauwasser-Nutzungsanlage in Frage, bei der gering verschmutztes Dusch- und Badewasser separat erfasst und gereinigt wird, und anschließend zur Toilettenspülung verwendet werden kann? Welchen Werkstoff soll man für die Trinkwasser-Versorgungsleitungen und die Entsorgungsleitungen verwenden? Welche wassersparenden Armaturen sind verfügbar? (vgl. Kurs "Sanitärinstallation") 

Welches Heizsystem soll die Beheizung des künftigen Gebäudes übernehmen? Wie soll sie ausgelegt werden? Ich habe bei vielen Selbstausbauern erfahren, dass die bauseitigen Heizungsfirmen auch in der heutigen Zeit oft keine echte Auslegung vornehmen. Das führt meist zu einer Überdimensionierung der Heizungsanlage, die höhere Investitionskosten und einen dauerhaft zu hohen Energieverbrauch nach sich zieht. 

Soll eine Solaranlage nur für die Brauchwassererwärmung ausgeführt werden oder soll sie auch heizungsunterstützend sein? Welche Fördermöglichkeiten stehen zur Verfügung? (vgl. Kurs "Heizung und Lüftung")

Kann bei Familien mit Stauballergien eine Zentralstaubsaugeranlage Linderung verschaffen? Welche Teppiche sind vom Emissionsverhalten her geeignet? (vgl. Kurs "Luft und Schadstoffe")

Auch im Elektroinstallationsbereich besteht ein großer Beratungsbedarf. Ich habe leider die Erfahrung gemacht, dass der normale Elektro-handwerker mit alternativen Techniken meist wenig Erfahrung hat. Es fängt meist schon bei der Anzahl der Schalter und Steckdosen an. Standardmäßig würden für ein normales Einfamilienhaus zwischen 70 und 90 Dosen gesetzt. Hier sollte jede Baufamilie ihr altes Wohnumfeld kritisch in Augenschein nehmen, wo welche Elektroinstallationen benötigt wurden und wo nicht (klassisches Beispiel: Steckdosen im Gäste-WC, auf die in der Regel ohne Komfortverlust verzichtet werden kann). Darüber hinaus ist eine sparsame Installation meist unproblematischer, was negative Einflüsse des elektrischen Stromes angeht. Anschließend erfolgt die Aufklärung über PVC-freie Kabel und die verschiedenen Abschirmmaßnahmen wie abgeschirmte Kabel, Abschirmfarben und -putze, -vliese und Spezial-Gipskartonplatten für die Abschirmung von Hochfrequenz und elektromagnetischen Einflüssen der Elektroinstallation. Weitere technische Hilfen, wie z.B. Feldfreischalter runden das Angebot ab. (vgl. Kurs "Elektroinstallation")

Kann ein Bio-Keller ausgeführt werden? Diese Frage wird sehr häufig von Baufamilien gestellt (vgl. Kurs "Baukonstruktion"). Hier kann im Vorfeld über spezielle Radon-Kartierungen eine vorsichtige Einschätzung gemacht werden (vgl. Kurs "Strahlung"). Letztendlich muss die Situation auf der Baustelle (gasdurchlässiger Untergrund, Erdspalten usw.) entschieden werden. Wenn aus Kostengründen keine Radonuntersuchung in Auftrag gegeben wird, werden Lageralternativen für Obst und Gemüse diskutiert, z.B. in abgedeckten Keller-Lichtschächten oder in der Erde vergrabenen alten Waschmaschinentrommeln.

Darüber hinaus bin ich als Baubiologe IBN bei "Baufritz" in den Prozess der Produkt-Weiterentwicklung eingebunden. In sogenannten "Denkerrunden" werden Ideen aus dem Vorschlagswesen diskutiert und entschieden. 

Als Umweltschutzbeauftragter arbeite ich bei der permanenten Weiterentwicklung von betrieblichen Umweltschutzmaßnahmen mit. So wurde z.B. für periodisch anfallende verdorbene Molke-Soda-Lösung, die zur Imprägnierung der Spänedämmung benötigt wird, eine kostengünstige und ökologisch einwandfreie Entsorgungsmöglichkeit gesucht. Die Kläranlagen wollten diese Substanz nicht haben, da Molke einen sehr hohen Sauerstoffbedarf beim Abbauprozess im Klärbecken benötigt. Letztendlich blieb nur die Entsorgung als flüssiger Sonderabfall. Es wurden intensive Gespräche mit einem Pflanzenkläranlagenbauer geführt (vgl. Kurs "Freiflächen"). Am Ende wurde auf dem Firmengrundstück ein ca. 100 m2 großes Loch ausgehoben, ca. 1 m tief. Die Abdichtung nach unten erfolgte mit einer dicken PE-Folie. Als Pflanzsubstrat für die Schilfrohrpflanzen-Mischung wurden Feinstspäne verwendet. Die Pflanzen haben die Eigenschaft, durch ihre Stengel Luft in den Wurzelbereich zu leiten. Dort siedeln sich Mikroorganismen an, die die Molke abbauen. Mittlerweile ist das sog. "Vererdungsbeet" gut eingewachsen und erfreut mit den vielen Blüten allerlei Insekten. Die verdorbene Molke wird verdünnt eingeleitet und mit Hilfe eines pH-Wert-Messgerätes wird kontrolliert, wann erneut eine Einleitung erfolgen kann.

Im Zuge der Kundenvorsorge lasse ich regelmäßig Späneproben aus der laufenden Produktion auf Holzschutzmittel untersuchen (sog. Holzschutzmittel-Screenings, alle 3-5 Wochen). Es wird zwar von allen Lieferanten garantiert, nur unbehandeltes Holz zu liefern, aber in diesem sensiblen Kundenbereich sind Kontrollen unerlässlich. 

Allen Kunden steht es frei, eine eingehende Information und Aufklärung über alle eingesetzten Materialien zu erhalten. Dazu wurden mehrere Ordner mit Produktblättern, Euro-Sicherheitsdatenblättern und Informationen zu Emissionsprüfungen angelegt, die eingesehen, kopiert oder per E-Mail als PDF-Dokument angefordert werden können. (vgl. Kurs "Baurecht...")

Als Baubiologe bei "Baufritz" führe ich unterschiedlichste Messungen selbst durch – z.B. Raumluftmessungen – bzw. schicke die Proben zur Bestimmung von problematischen Anhaftungen, wie Gifte, Schimmelpilze o.ä., an Partnerinstitute (z.B. IBN, AGÖF = Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute). Um den Kunden eine noch höhere Sicherheit zu gewähren und auch als Vorarbeit für die im Jahre 2001 durchgeführte Allergikerzertifizierung wurden mehrere Hundert Baufritz-Voll-Wert-Häuser messtechnisch begleitet. Dazu wurde das Standardprobenahme-Verfahren für Luftschadstoffe (VOCs, Formaldehyd, Holzschutzmittel) so angepasst, dass Aussagen auch für Probenahmen im Ausbauzustand getroffen werden können.

Zur Qualitätssicherung auf der Baustelle führte ich mit Kollegen eine Vorarbeiter-Weiterbildung durch. Die Vorarbeiter wurden auf die Bedeutung der Winddichtigkeit von modernen Niedrigenergiehäusern hingewiesen und in die Bedienung der 8 werkseigenen Blower-Door-Anlagen eingeführt. Die Montagekolonnen prüfen seither nach der Rohbaumontage das Gebäude auf Leckagen und dichten bei Bedarf nach. (vgl. Kurse "Biol. Baustofflehre und Bauphysik" und "Energiesparendes Bauen")

Im Rahmen einer Marktanalyse wurde von mir ein baubiologisch vertretbares Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung gesucht (vgl. Kurs "Heizung und Lüftung"). Ich hatte die Befürchtung, dass es bei zentralen Lüftungssystemen beim Absaugen von staub- und feuchtigkeitsbeladener Luft in ungünstigen Betriebszuständen zu einem Tauwasserausfall im Rohrsystem kommen kann. In Verbindung mit Staub, Milben usw. ist eine “Belagbildung” mit entspr. Pilzwachstum im Leitungssystem denkbar. Keiner der Hersteller von zentralen Lüftungs-anlagen konnte ein Konzept zur Reinigung des Luftleitungssystems anbieten. Darüber hinaus verbrauchen einige Anlagen sehr viel Strom (bis zu 150 Watt Dauerleistung), so dass eigentlich kein echter energetischer Nutzen übrigbleibt, vor allem, wenn der Strom aus nicht erneuerbaren Energiequellen bezogen wird. Die zweite Variante der Lüftungsanlagen sind dezentrale Reversierlüfter mit Wärmerückgewinnung, die in die Außenwand eingebaut werden. Die Reinigung gestaltet sich denkbar einfach, indem das Gerät geöffnet wird und die Wärmetauscherkassetten herausgenommen werden. Sie können z.B. in der Spülmaschine gereinigt werden. Der Stromverbrauch der Geräte ist mit 6 Watt Dauerleistung in der ersten Stufe äußerst gering.

Als Baubiologe arbeite ich in verschiedenen Verbänden und Institutionen mit, z.B. im "Arbeitskreis Energie" im Bund Naturschutz. Darüber hinaus wirke ich bei der Erwachsenen-Fortbildung zum Energieberater der "renergie-Allgäu" (www.renergie-allgaeu.de) im Praxisteil für baubiologisches Bauen mit.

Die Informationsbeschaffung und -verteilung in einem modernen Betrieb muss schnell und effizient sein. Das IBN ist mir hierbei eine wertvolle Hilfe.

Die Datenbankerfassung aller Materialien zum Thema Umwelt und Baubiologie ermöglicht allen Mitarbeitern den schnellen Zugriff auf diese Informationen über das firmeneigene Intranet. (vgl. Kurs "Ökobilanz...")

Im Rahmen einer Kooperation mit einem Photovoltaik-Spezialisten wurde auf den Dächern der zentralen Produktionshalle sowie des Vertriebsgebäudes Solartechnik zur Stromerzeugung mit einem Jahresertrag von über 400.000 kWh installiert.

Ich hoffe, der kurze Überblick über meine Arbeit bei Baufritz zeigt, welche vielschichtigen Aufgabenstellungen einem Baubiologen und Umweltschutzbeauftragten gestellt werden. Es ist eine interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit. Es ist seit dem ersten Tag äußerst befriedigend, Privatpersonen und Firmen als Berater für eine lebenswerte Zukunft zur Verfügung zu stehen.

Mehr zu meiner freiberuflichen Tätigkeit im Rahmen meiner Baubiologischen Beratungsstelle IBN finden Sie unter www.baubiologen-verzeichnis.de.